German version
Als ich angefangen habe, Bücher auf Deutsch zu lesen, habe ich oft zu Romanen gegriffen, die ich schon mehrmals auf Persisch gelesen hatte. Bittersüße Schokolade von Laura Esquivel war eines davon. Weil ich die Geschichte bereits gut kannte, konnte ich mich voll und ganz auf die Sprache konzentrieren, ohne Angst haben zu müssen, etwas von der Handlung zu verpassen. Diese Herangehensweise hat mir sehr geholfen, meinen Lesefluss und Wortschatz zu verbessern – genauso wie bei Die Verwandlung von Kafka.
Manche Bücher begleiten einen über Jahre. Bittersüße Schokolade gehört für mich dazu – ich habe es mittlerweile mehrfach gelesen und jedes Mal neue Facetten entdeckt. Beim ersten Lesen war ich vor allem voller Mitgefühl für die Protagonistin Tita: Ihre verbotene Liebe, die strengen Familienregeln und ihre tiefen Gefühle, die sie nur beim Kochen ausdrücken kann, haben mich zutiefst berührt.
Mit jedem erneuten Lesen verstand ich mehr von der feministischen und symbolischen Tiefe des Romans. Es geht nicht nur um eine Liebesgeschichte, sondern auch um den stillen Aufstand einer jungen Frau gegen überkommene Traditionen. Die Art, wie Tita ihre Emotionen in die Gerichte einfließen lässt, bekam für mich mit der Zeit eine immer stärkere symbolische Bedeutung. Gleiches gilt für die Elemente des magischen Realismus – sei es als Ausdruck unterdrückter Leidenschaft oder als Zeichen weiblicher Selbstbestimmung.
Die Geschichte spielt zur Zeit der Mexikanischen Revolution und ist in zwölf Kapitel gegliedert – jedes beginnt mit einem traditionellen Kochrezept. Diese Rezepte sind weit mehr als nur kulinarische Anleitungen: Sie verflechten sich auf raffinierte Weise mit den emotionalen und gesellschaftlichen Konflikten im Leben der Figuren. Besonders eindrucksvoll finde ich, wie das patriarchale Familiensystem, das Tita unterdrückt, in diesem Fall von einer Frau – der strengen Mutter – aufrechterhalten wird. Eine bittere Ironie, die viel über Machtverhältnisse innerhalb traditioneller Strukturen verrät.
Der Originaltitel lautet übrigens Como agua para chocolate – Wie Wasser für Schokolade –, ein Ausdruck, der die innere Hitze und brodelnde Leidenschaft der Figuren wunderbar widerspiegelt. In der deutschen Übersetzung wurde daraus Bittersüße Schokolade. Warum, bleibt offen – nur eine kleine Beobachtung am Rande.
Hast du auch ein Buch, das du mehrmals gelesen hast und jedes Mal etwas Neues darin entdeckt hast?
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